Hier erklären wir in der gewohnten Kürze, wann eine Gewahrsamsenklave relevant und wie sie definiert wird. Abgerundet wird das Ganze mit anschaulichen Beispielen.
Wo wird die Gewahrsamsenklave relevant?
Die Gewahrsamsenklave wird im Rahmen der Eigentumsdelikte gemäß §§ 242 ff. BGB – also insbesondere bei Diebstahl gemäß § 242 StGB – relevant, wenn es im Rahmen der Wegnahme um die Frage geht, ob der Täter fremden Gewahrsam gebrochen und bereits neuen Gewahrsam begründet hat. Der Täter begründet neuen Gewahrsam und vollendet die Wegnahme, wenn er (oder ein Dritter) die Herrschaft über die Sache derart erlangt hat, dass er sie unbehindert durch den alten Gewahrsamsinhaber ausüben und dieser seinerseits über die Sache nicht mehr verfügen kann, ohne die Verfügungsgewalt des Täters zu beseitigen. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach den Anschauungen des täglichen Lebens (OLG Dresden, Beschl. v. 12.3.2015 – 2 OLG 22 Ss 14/15, NStZ-RR 2015, 211, 212; Kühl, in: Lackner/Kühl, StGB, 29. Auflage 2018, § 242 Rn. 15).
Gewahrsamsenklave – Definition
Das Schaffen einer Gewahrsamsenklave bedeutet, dass der Gegenstand vom Täter „so eng in die höchstpersönliche Sphäre und damit in einen Tabubereich gebracht, dass selbst in einer fremden Gewahrsamssphäre neuer Gewahrsam begründet ist“ (Wittig, in: BeckOK, StGB, Edition 2021, § 242 Rn. 26.1). Typisches Beispiel ist das Einstecken von kleinen, leicht zu verbergenden Gegenständen in einem Supermarkt; hier wird bereits durch das Einstecken des kleinen Gegenstandes – in die Gewahrsamsenklave Körper bzw. Jackentasche des Täters usw. – die Wegnahme vollendet.
Beispiele zur Gewahrsamsenklave
- Beispiel 1: T steckt in einem Supermarkt einen Labello in die Manteltasche und verlässt den Supermarkt. Hier ist bereits durch das Einstecken des Labellos der Diebstahl vollendet. Das spätere Verlassen des Supermarktes ist für die Vollendung unerheblich.
- Beispiel 2: T steckt in einem Supermarkt 6 Flaschen Whiskey in eine mitgebrachte Tüte. Mit diesen möchte er den Supermarkt verlassen, ohne zu bezahlen. Noch bevor er den Kassenbereich erreicht, wird er vom Ladenpersonal angehalten. Hier ist die Wegnahme noch nicht vollendet. Denn die Whiskey-Flaschen sind eher größeren Umfangs, sodass nicht schon eine Gewahrsamsenklave – innerhalb der Gewahrsamssphäre des Ladeninhabers – durch das Einstecken in die Tüten begründet wurde (vgl. BGH, Beschl. v. 18. 6. 2013 – 2 StR 145/13, Rn.3).