Wenn der Nachbar die Abstandsflächen bzw. insbesondere den 3 m-Grenzabstand nicht einhält, kann dies durchaus ärgerlich sein. Hier erklären wir Ihnen, wann der Nachbar die erforderliche Abstandsfläche insbesondere nicht einhält und welche rechtlichen Schritte Sie dagegen unternehmen können.
Warum überhaupt Abstandsflächen?
Hintergrund für das Vorschreiben von Abstandsflächen bzw. Grenzabständen ist es, die Belichtung, Besonnung und Belüftung benachbarter Grundstücke und Gebäude zueinander sicherzustellen. Auch Brandschutzgründe spielen eine Rolle. Zudem ist das allgemeine städtebauliche Ziel, eine gesunde Wohnsituation zu gewährleisten, von Bedeutung (Jeromin, StichwortKommentar Nachbarrecht, 1. Auflage 2021, Abstandsflächen und Grenzabstand, Rn. 2).
Immer 3 m-Grenzabstand?
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass mitunter Bundesvorschriften bestimmten Abstandsgeboten entgegenstehen können. So kann es sein, dass eine geschlossene Bauweise im Bebauungsplan festgesetzt wurde i.S.v. § 22 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO oder mit Blick auf § 34 BauGB tatsächlich vorhanden ist. In diesem Fall geht das Bundesrecht vor, landesrechtliche Abstandsregeln – wie der 3-Meter-Grenzabstand – wären dann nicht einzuhalten (vgl. Jeromin, a.a.O., Rn. 4).
Es ist also nicht so, dass immer ein Mindestabstand von 3 Metern einzuhalten wäre.
Regel-Mindestabstand von 3 Metern?
Ja, alle Bundesländer sehen in ihren Landesbauordnungen tatsächlich einen Mindestabstand von 3 Metern Tiefe vor. Dies gilt jeweils unabhängig von einem rechnerisch ermittelten Maß, das sich laut Landesbauordnungen regelmäßig nach der Wandhöhe bemisst.
Zur Verdeutlichung noch einmal: Wenn das Bundesrecht keine (entgegenstehende) Regel vorgibt, dann ist zu beachten, dass die notwendigen Abstandsflächen in den jeweiligen Landesbauordnungen geregelt sind. Das heißt, dass die Bundesländer den Grenzabstand mitunter stark unterschiedlich ausgestalten, der sich regelmäßig nach der Wandhöhe richtet. Allerdings gilt in allen Landesbauordnungen, dass zumindest ein 3m-Grenzabstand einzuhalten ist.
- Beispiel 1 (Bayern): In der Bayerischen Bauordnung (BayBO, Stand: 05.10.2021) sind die Abstandsflächen in Artikel 6 BayBO geregelt. Nach Art. 6 Abs. 5. S. 1 BayBO beträgt die Tiefe der Abstandsflächen 0,4 H der Wandhöhe (Details unter Art. 6 Abs. 4 BayBO), mindestens aber 3m.
- Beispiel 2 (Hessen): In der Hessischen Bauordnung (HBO, Stand: 05.10.2021) sind die Grenzabstände in § 6 Abs. 4, 5 HBO geregelt. Der mindestens einzuhaltende Grenzabstand von 3 Metern ergibt sich aus § 6 Abs. 5 S. 4 HBO.
Ausnahmen von einem 3m-Mindestabstand?
Natürlich gibt es, wie so oft, auch wieder Ausnahmen von der Regel zum Mindestgrenzabstand. So können Satzungen einer Gemeinde oder örtliche Bauvorschriften eine größere oder geringere Mindest-Abstandsfläche vorsehen.
Was kann man rechtlich tun, wenn 3m-Grenzabstand nicht eingehalten?
Zunächst ist zu beachten, dass die Vorschriften zu den Abstandsflächen nach den Landesbauordnungen grundsätzlich dem Nachbarschutz dienen. Sie räumen dem Nachbarn also ein sogenanntes subjektiv-öffentliches Recht ein, das dem Nachbarn erlaubt, gegen den Verstoß von solchen Abstandsgeboten – wie dem Mindestabstand von 3 Metern – vorzugehen.
Anspruchsberechtigt ist der Grundstücksnachbar des unmittelbar angrenzenden Grundstücks, und zwar als dessen Eigentümer. Der Mieter kann einen Abstandsverstoß nicht rügen.
Wenn es für den Bau, mit dem gegen die gebotene Abstandsfläche verstoßen wird, eine Baugenehmigung gibt, die noch nicht bestandskräftig ist (regelmäßig also, wenn die Genehmigung –untechnisch gesprochen – nicht älter als 1 Monat alt ist), dann kann der Nachbar sich im Wege eines Widerspruchs bzw. in der Folge einer Anfechtungsklage gegen die Genehmigung wehren, ggf. in Verbindung mit einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz.
Wenn die Genehmigung schon vor langer Zeit erteilt wurde oder aber gar keine Genehmigung für dieses Bauen, das die Abstandsflächen verletzt, existiert, kann der Nachbar eine Verpflichtungsklage – ggf. auch in Verbindung mit einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz – auf behördliches Einschreiten erheben.
Zivilrechtlich – also neben einem verwaltungsrechtlichen Einschreiten – kann der Nachbar auch einen Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB direkt gegen den (störenden) Nachbarn geltend machen.
Eine Verjährung Ihres Anspruchs auf Beseitigung dürften Sie dabei übrigens kaum zu befürchten haben. In Betracht kommt aber eine Verwirkung, wenn Sie den Verstoß jahrelang gebilligt haben und dies auch für den Nachbarn erkennbar war, wobei hier die genauen Umstände in den Blick zu nehmen sind. Beachten Sie schließlich, dass Sie sich ggf. dann nicht gegen den Verstoß gegen den Grenzabstand zur Wehr setzen können, wenn Ihr Gebäude – in vergleichbarem Maße – ebenfalls nicht den erforderlichen Grenzabstand einhält.
Fazit
Wenn der Nachbar den 3m-Grenzabstand nicht einhält, gibt es in der Tat einige Möglichkeiten, sich dagegen rechtlich zur Wehr zu setzen. Zunächst sollte aber eingehend geprüft werden, ob der Nachbar tatsächlich nachbarschützende Abstandsgebote verletzt. Da es hierzu wie gezeigt eine Vielzahl an potentiellen Regelungen gibt, die auf Landes- aber auch Kommunalebene variieren können, empfiehlt es sich, vor dem Einleiten rechtlicher Schritte einen Anwalt für Baurecht einzuschalten. Dieser wird Ihnen dabei helfen, sachgerecht auf den etwaigen Verstoß gegen den Grenzabstand zu reagieren.
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