Der Nachbar schneidet seine Hecke nicht? In den allermeisten Fällen ist das kein Grund, direkt vor Gericht zu ziehen. Ob und wann der Nachbar seine Hecke schneiden muss bzw. darf, hängt sehr stark vom Einzelfall ab. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu diesem Themengebiet und gehen dabei – gewohnt knapp und verständlich – auf Gesetz und Rechtsprechung ein.
Wer muss die Hecke auf der Nachbarseite schneiden?
Wenn die Hecke auf der Nachbarseite eingepflanzt ist, dann der Nachbar. Wenn die Hecke dagegen auf Ihrem Grundstück eingepflanzt ist, sind Sie verpflichtet, sie zu schneiden. Dass der Nachbar die Hecke auf seiner Seite schneiden muss, ist im Gesetz geregelt. Fest mit Grund und Boden verbundene Sachen, also auch die Hecke, sind gemäß § 94 Abs. 1 S. 1 BGB wesentliche Bestandteile eines Grundstücks. § 94 Abs. 1 S. 2 BGB präzisiert, dass eine Pflanze mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks wird. Der Eigentümer eines Grundstücks ist demnach auch für die wesentlichen Bestandteile des Grundstücks verantwortlich. Er muss also eine Hecke ordnungsgemäß pflegen, wozu auch das Schneiden gehört.
Grundsätzlich gilt nach deutschem Recht somit, dass derjenige die Hecke schneiden muss, auf dessen Grundstück die Hecke gepflanzt ist. Hängt also die Hecke, welche auf ihrem eigenen Grundstück gepflanzt ist, auf die Nachbarseite hinüber, so sind Sie als Eigentümer zum Schneiden der Hecke auch auf der Nachbarseite verpflichtet. Ist die Hecke dagegen auf dem Grundstück ihres Nachbarn angepflanzt, so ist er zum Schneiden, verpflichtet, selbst wenn die Hecke auf ihrer Grundstücksseite überhängt.
Hecke auf Grundstücksgrenze — wer muss schneiden?
Bei einer gemeinsamen Hecke auf der Grundstücksgrenze stellt sich die Frage, welcher Grundstückseigentümer die Hecke schneiden muss. Das Gesetz regelt diesen Fall in § 921 BGB, wo eine Hecke als gemeinschaftliche Grenzanlage explizit erwähnt ist. In § 921 BGB steht geschrieben:
Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.
Voraussetzung dafür, dass die Hecke eine gemeinschaftliche Grenzanlage darstellt, ist jedoch, dass sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf der Grenze steht. Sie muss also nicht von vornherein auf der Grundstücksgrenze gestanden haben, sondern kann im Laufe der Zeit so gewachsen sein, dass sie die entsprechenden Voraussetzungen als Grenzanlage erfüllt. Hierfür ist vor allem entscheidend, dass wenigstens einige Stämme der Hecke, dort wo sie aus dem Boden heraustreten, von der Grenze geschnitten werden (AG Hannover, Urteil vom 23.04.2009 – 414 C 6373/08, Rn. 22).
Handelt es sich bei der Hecke nach den genannten Voraussetzungen um eine gemeinschaftliche Grenzanlage, so sind gem. § 921 BGB die Eigentümer beider Grundstücke zur Benutzung gemeinschaftlich berechtigt, aber auch zur ordnungsgemäßen Pflege verpflichtet. Im Ergebnis muss also jeder Eigentümer die seinem Grundstück zugewandte Seite der Hecke schneiden.
Was passiert, wenn man seine Hecke nicht schneidet?
Für diesen Fall ist zu unterscheiden, ob es sich bei dem angrenzenden Nachbargrundstück, auf das die Hecke hinüberragt, um ein Privatgrundstück oder öffentlichen Grund handelt. Handelt es sich um öffentlichen Grund und wächst die Hecke bereits so weit hinaus, dass beispielsweise ein Gehweg teilweise blockiert wird oder die Sicht für Verkehrsteilnehmer gemindert ist, dann wird die zuständige Behörde einschreiten und den Grundstückseigentümer zunächst darauf hinweisen, dass er seiner Pflicht zum Hecke schneiden nachzukommen hat. Ignoriert der Grundstückseigentümer einen oder mehrere solcher Briefe, wird die Behörde ein Ordnungsgeld festsetzen, um den Druck auf den Grundstückseigentümer zu erhöhen. Wenn auch das nicht wirkt, wird die Behörde selbst tätig werden und den Rückschnitt vornehmen, wobei sie dem verpflichteten Grundstückseigentümer die Kosten hierfür in Rechnung stellen wird.
Handelt es sich bei dem Nachbargrundstück um ein Privatgrundstück, so regelt § 910 BGB (Überhang) diesen Fall. Denn dort steht geschrieben:
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.
(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.
In § 910 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB ist also geregelt, dass der Eigentümer des Nachbargrundstücks unter anderem im Falle von herüberragenden Zweigen selbst tätig werden und sie abschneiden darf, wenn es der eigentlich verpflichtete Eigentümer des Heckengrundstückes nicht tut. Voraussetzung für das Einschreiten des Nachbarn ist allerdings, dass er dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung gesetzt und dieser die überhängenden Zweige der Hecke nicht innerhalb der Frist beseitigt hat (vgl. § 910 Abs. 1 S. 2 BGB). Weitere Voraussetzung ist gem. § 910 Abs. 2 BGB, dass die überhängenden Zweige die Benutzung des Grundstücks beeinträchtigen. Abs. 2 normiert damit eine „Erheblichkeitsschwelle“, sodass nicht bei jedem minimal überhängenden Zweig sofort ein Anspruch auf Beseitigung besteht. Eine (erhebliche) Grundstücksbeeinträchtigung i.S.d. § 910 Abs. 2 BGB liegt nach der Rechtsprechung beispielsweise vor, wenn der Überhang zu einer Verschattung des Nachbargrundstücks führt, also kein oder nicht genug Sonnenlicht hindurchdringt (vgl. u.a. Landgericht Coburg, Beschluss vom 28.07.2008 – 33 S 26/08; Landgericht München I, Urteil vom 21.03.2001 – 15 S 7927/00). Verneint wurde die erhebliche Beeinträchtigung durch die Rechtsprechung dagegen beispielsweise für bloßen Laub- und Blütenfall auf das Nachbargrundstück (vgl. u.a. Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 05.06.1986 – 2 S 185/84).
Die genannten Vorschriften des BGB gelten freilich auch, wenn beispielsweise der Nachbar die Hecke in Bayern oder NRW nicht schneidet. Zusätzlich haben jedoch alle Bundesländer ein jeweils eigenes Nachbarrecht, in dem unter anderem bestimmte Abstandsregelungen für Pflanzen zur Grundstücksgrenze vorgesehen sind (z.B. Art. 47 AGBGB in Bayern).
Wie weit darf Nachbars Hecke auf mein Grundstück ragen?
Im besten Fall gar nicht. Denn Sinn und Zweck der Nachbarrechte der einzelnen Bundesländer ist unter anderem, die Abstände der Pflanzen zur Grundstücksgrenze möglichst so festzulegen, dass ein Überhang/Überwuchs weitestgehend vermieden werden kann. So gilt für die Hecke des Nachbarn in Bayern gem. Art. 47 Abs. 1 AGBGB (Grenzabstand von Pflanzen), dass sie mindestens 0,5 m von der Grundstücksgrenze, sofern die Hecke über 2 m hoch ist, sogar mindestens 2 m von der Grundstücksgrenze entfernt gehalten werden muss. In NRW muss die Hecke des Nachbarn bei einer Höhe bis 2 m ebenfalls 0,5 m von der Grundstücksgrenze entfernt gehalten werden, bei einer Höhe über 2 m jedoch nur 1 m entfernt. Dabei wird der Abstand nicht von der Mitte des Stammes aus gemessen, sondern von der dem Nachbargrundstück zugewandten Seite. Das bedeutet, dass eine Seitenausdehnung der Hecke durch Wurzeln und Zweige bereits beim Anpflanzen zu berücksichtigen ist, sodass der gesetzlich festgeschriebene Abstand nicht unterschritten wird.
Hält der Nachbar die entsprechenden Abstandsregelungen des Nachbarrechts in seinem Bundesland nicht ein, steht dem betroffenen Grundstücksbesitzer ein Anspruch auf Beseitigung des entsprechenden Zustands zu, sodass der Nachbar seine Hecke beseitigen, versetzen oder zurückschneiden muss. Aber Achtung: Dieser Anspruch verjährt nach den Regelungen der einzelnen Bundesländer nach 2-6 Jahren, eine bundeseinheitliche Regelung besteht diesbezüglich nicht. Ebenso ist der Fristbeginn in den einzelnen Nachbarrechten nicht einheitlich festgelegt. Teils wird auf den Zeitpunkt der Anpflanzung, teils auf den Zeitpunkt der ersten Störung abgestellt, was freilich wiederum zu gewichtigen Unterschieden für den Zeitpunkt des Fristablaufs führt. Nach Fristablauf genießt eine Hecke jedenfalls auch bei Unterschreitung des Mindestabstandes Bestandsschutz.
In NRW gilt gem. § 47 des dortigen Nachbarrechtsgesetzes beispielsweise eine Frist von sechs Jahren, wobei Fristbeginn die Anpflanzung ist. Die Frist gilt auch nach einem Besitzwechsel fort, sodass möglicherweise der neue Besitzer eines Grundstücks wegen Fristablauf entweder gar keinen Anspruch mehr hat oder die Frist jedenfalls schon zu Zeiten des alten Grundstücksbesitzer zu laufen begonnen hat und nun weiter fortläuft. Informieren Sie sich bei derartigen Fragen daher bitte unbedingt über die Gesetzeslage in Ihrem Bundesland bzw. kontaktieren Sie einen spezialisierten Anwalt für Zivilrecht, der Sie individuell zu Ihren Fragen beraten wird.
Wann muss der Nachbar die Hecke schneiden?
Der Nachbar ist als Eigentümer der Hecke — wie oben bereits erwähnt — zur ordnungsgemäßen Pflege der Hecke und damit auch zum Schneiden verpflichtet. Grundsätzlich muss der Nachbar die Hecke spätestens dann schneiden, wenn der gesetzliche Mindestabstand zur Grundstücksgrenze unterschritten wird, es sei denn, die Hecke genießt bereits Bestandsschutz. Im Übrigen muss der Nachbar die Hecke jedenfalls schneiden, wenn Zweige auf das angrenzende Grundstück hinüberwachsen und das angrenzende Grundstück hierdurch beeinträchtigt wird.
Hinsichtlich des konkreten Zeitpunkts, wann der Nachbar die Hecke schneiden muss, gibt es in Ansehung des § 39 Abs. 5 des Bundesnaturschutzgesetzes Einschränkungen. Denn § 39 Abs. 5 Bundesnaturschutzgesetz verbietet — insbesondere aus Gründen des Tierschutzes — dass Hecken in der Zeit vom 1. März bis 30. September abgeschnitten werden. Lediglich schonende Form- und Pflegeschnitte bleiben ausweislich des Gesetzes weiter erlaubt. So entschied das Landgericht Freiburg in einem Fall, in dem es um die maximal zulässige Höhe einer Hecke nach dem baden-württembergischen Nachbarrechtsgesetz ging, dass während der Vegetationsperiode von 1. März bis 30. September aufgrund der Regelung im Bundesnaturschutzgesetz keine Verpflichtung des Nachbarn zu Form- und Pflegeschnitten besteht. Auch sei der Nachbar nicht zu einem vorsorglichen Rückschnitt der Hecke vor dem 1. März verpflichtet, da aufgrund des unvorhersehbaren Pflanzenwachstums ohnehin unklar und damit rechtlich nicht vollstreckbar ist, um wie viel die Hecke vorsorglich zugeschnitten werden müsste (vgl. LG Freiburg, Urteil vom 07.12.2017 – 3 S 171/16).
Auch wenn die Entscheidung im Einzelfall zur Höhe der Hecke erging, dürfte sie auf das Wachstum der Hecke in der Breite übertragbar sein. Somit wäre der Nachbar während der Zeit vom 1. März bis 30. September auch bei Unterschreitung des Mindestabstandes zur Grundstücksgrenze nicht zum Schneiden der Hecke verpflichtet.
Zusammenfassung
Wenn der Nachbar die Hecke nicht schneidet, kann der betroffene Grundstücksbesitzer den Nachbarn gem. § 910 Abs. 1 und 2 BGB zum Hecke schneiden auffordern, sofern eine erhebliche Beeinträchtigung des betroffenen Grundstücks vorliegt. Gegebenenfalls hat der betroffene Grundstücksbesitzer auch einen Anspruch aus dem jeweiligen Nachbarrecht seines Bundeslandes. Grundsätzlich muss derjenige die Hecke schneiden, auf dessen Grundstücksseite sie eingepflanzt ist. Ausnahmen gelten für Hecken als gemeinschaftliche Grenzanlagen, bei denen jeder Nachbar für die ihm zugewandte Seite der Hecke verantwortlich ist. In zeitlicher Hinsicht gilt für das Hecke schneiden zudem nach dem Bundesnaturschutzgesetz eine Sonderregel für die Zeit vom 1. März bis 30. September.
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