Musizieren in Mietwohnung bzw. Wohnung ist für viele ein beliebtes Hobby und für Berufsmusiker oft ihr täglich Brot. Es stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen in der Mietwohnung Musizieren erlaubt ist. Damit gehen die Fragen einher, inwieweit laute Musik tagsüber bzw. in der Nacht vom Gesetz erlaubt oder verboten ist und welche Lärmbelästigung von Nachbarn durch Musik zu tolerieren ist. Wir beantworten all diese Fragen anhand der aktuellen Rechtsprechung höherer Gerichte zu dem Thema und geben Hinweise, wie sich musizierende Mieter und Wohnungseigentümer im Einklang mit Gesetz und gerichtlichen Entscheidungen am besten verhalten.
Musizieren in Mietwohnung – welche Lautstärke ist tagsüber erlaubt?
Musizieren in Zimmerlautstärke ist sowohl Nachts als auch tagsüber jederzeit erlaubt. Eine Einschränkung ist nur gerechtfertigt, wenn und soweit das Musizieren eine Beeinträchtigung der Nachbarn darstellt. Dies ist bei Geräuschen in Zimmerlautstärke jedoch allgemein nicht der Fall, da sie zum normalen und akzeptablen Wohnverhalten gehören. Sofern sich die Lautstärke des Instruments auf die gewöhnliche Zimmerlautstärke beschränkt, ist daher auch eine unbeschränkte Übezeit denkbar.
Dennoch ist auch Musizieren, das über Zimmerlautstärke hinaus geht, in gewissem Umfang erlaubt. Musik machen gilt als übliche und sozialadäquate Freizeitbeschäftigung. Hieraus folgt, dass diesbezügliche Geräuschbeeinträchtigungen den Nachbarn in gewissen Grenzen zuzumuten sind (vgl. BGH, Urteil vom 26.10.2018 – V ZR 143/17, Rn. 14). Im Regelfall nimmt die Rechtsprechung an, dass den Nachbarn eine Lärmbeeinträchtigung durch Musik von bis zu drei Stunden täglich zuzumuten ist. Für besonders lärmintensive Instrumente können jedoch auch kürzere Übezeiten gelten (z. B. Schlagzeug).
Nicht erlaubt ist das Musizieren in Mietwohnung bzw. Wohnung während der Mittagsruhe (in der Regel 13-15 Uhr) und während der Nachtruhe (meist 22-8 Uhr, vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.04.1988 – 6 U 30/87). Abweichungen oder Einschränkungen hiervon können sich aus dem Mietvertrag bzw. der Hausordnung ergeben.
Bis wann bzw. wie lange darf man Musik in der Wohnung machen?
Die Rechtsprechung hält in den meisten Fällen eine maximale tägliche Übezeit von bis zu drei Stunden für zulässig, wobei die Übezeit auch am Stück zwei bis drei Stunden betragen darf. Danach ist auch laute Musik vor 22 Uhr grundsätzlich zulässig. Übezeiten von mehr als drei Stunden täglich sind dagegen möglich, soweit sie im Mietvertrag bzw. durch Wohnungseigentümerbeschluss vereinbart sind. Im Rahmen der erlaubten Grenzen ist Lärm durch Musizieren rechtlich als unwesentliche Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks i.S.d. § 906 Abs. 1 BGB anzusehen.
Einheitlich gilt nach der Rechtsprechung, dass ein generelles Musikverbot seitens des Vermieters bzw. einer Wohnungseigentümergemeinschaft im Regelfall unzulässig ist. Diese Rechtsprechung folgt insbesondere aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Mieters, worunter auch die freie Entfaltung der Persönlichkeit in Form des Musizierens fällt.
Im Übrigen unterscheidet die Rechtsprechung nach dem Einzelfall. In der Rechtsprechung der Landes- und Oberlandesgerichte wird nach dem Ausmaß der Störung und den örtlichen Gegebenheiten differenziert (BGH, Urteil vom 26.10.2018 – V ZR 143/17, Rn. 30). Hierbei spielt das jeweilige Instrument ebenso eine Rolle wie die übrigen Umstände, also beispielsweise ob es sich bei den Nachbarn um die Bewohner eines Seniorenheims oder die Besucher einer Diskothek handelt.
Klavier, Gitarre, Trompete und Schlagzeug in Mietwohnung erlaubt?
Grundsätzlich gilt, dass auch das Musizieren mit beispielsweise Klavier, Gitarre, Trompete und Schlagzeug in der eigenen Wohnung bzw. Mietwohnung erlaubt ist. Aber: Je lauter bzw. störender ein Instrument für die Nachbarn ist, desto geringer ist die zulässige tägliche Übezeit. Für das Üben eines Schlagzeugs hat das LG Freiburg – aufgrund der beim Schlagzeug im Vergleich zu vielen anderen Instrumenten deutlich erhöhten Lautstärke und hörbaren Rhythmik – lediglich eine tägliche Übezeit von maximal einer Stunde vormittags und einer Stunde nachmittags für zulässig erklärt (LG Freiburg, Beschluss vom 19. 3. 2003 – 4 T 20/03). Bei einem Trompeter hält der Bundesgerichtshof – trotz der Lautstärke – eine maximale Übezeit von bis zu drei Stunden für grundsätzlich zulässig (BGH, Urteil vom 26.10.2018 – V ZR 143/17, Rn. 36).
In einem anderen Fall hat das OLG Karlsruhe für eine hellhörige Reihenhaussiedlung entschieden, dass das Musizieren mit Klarinette und Saxophon werktags auf zwei Stunden und sonntags auf eine Stunde beschränkt sein soll. Das Klavierüben sei dagegen unbeschränkt möglich. (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.04.1988 – 6 U 30/87).
Anhand dieser Rechtsprechung zeigt sich im Besonderen die Einzelfallbetrachtung der Gerichte. Instrumente entfalten je nach den örtlichen Begebenheiten unterschiedliche Lärmbeeinträchtigungen. Freilich unterscheiden sich auch die Instrumente im Einzelnen. Ein offener Flügel ist nicht mit einem gewöhnlichen Klavier und dieses wiederum nicht mit einem E-Piano vergleichbar, bei dem die Lautstärke elektronisch geregelt werden kann.
Musizieren in der Wohnung – gibt es Sonderregeln für Berufsmusiker?
Nein. Die Rechtsprechung trifft grundsätzlich keine Unterscheidung zwischen Hobbymusikern und Berufsmusikern beim Musizieren im häuslichen Bereich. Ein Berufsmusiker hat dementsprechend nicht mehr, aber auch nicht weniger Rechte als ein Hobbymusiker (BGH, Urteil vom 26.10.2018 – V ZR 143/17, Rn. 14).
Im Übrigen ist es für Berufsmusiker durchaus problematisch, wenn sie in ihrer Mietwohnung unterrichten, ohne dass der Vermieter dies genehmigt hat. Eine Mietwohnung gilt zuvorderst als Wohnraum. Nutzt der Berufsmusiker sie auch für den Unterricht, handelt es sich um eine unzulässige Gewerbeausübung. Sofern der Vermieter das Unterrichten nicht genehmigt hat, kann ihm gegenüber dem Mieter ein außerordentlicher Kündigungsgrund zustehen.
Ruhezeiten: Was kann ich tun, wenn mein Nachbar zu laut ist?
Sofern Sie selbst einen musizierenden Nachbarn haben und Sie sich durch seine Musikaktivitäten gestört fühlen, sollten Sie zunächst versuchen, mit dem musizierenden Nachbarn persönlich zu sprechen. Möglicherweise ist ihm gar nicht bewusst, dass seine Musik in anderen Wohnungen hörbar ist. Gelingt es Ihnen nicht persönlichen Kontakt herzustellen, so können Sie auch einen deutlich sichtbaren Zettel im Hausflur hinterlassen und freundlich um entsprechende Rücksicht bei der Musiklautstärke bitten.
Wenn sich die Situation durch die genannten Maßnahmen nicht bessert, sollten Sie ein sogenanntes „Lärmprotokoll“ anfertigen. Dabei halten Sie für ca. zwei Wochen insbesondere die Uhrzeit von Anfang und Ende der Musikaktivitäten des Nachbarn fest. Kommen Sie aufgrund ihres Lärmprotokolls zu der Erkenntnis, dass der Nachbar nur außerhalb der Ruhezeiten (meist 13-15 Uhr und 22-6 Uhr) und nicht länger als zwei bis drei Stunden am Tag Musik macht, dass ist ihm dies nach Gesetz und Rechtsprechung erlaubt (siehe oben). Eine rechtliche Handhabe gegen den Nachbarn haben Sie in diesem Fall nicht. Es verbleibt lediglich eine rechtlich nicht bindende (persönliche) Verständigung mit dem Nachbarn im Sinne der zunächst genannten Maßnahmen.
Erst wenn Sie aufgrund Ihres Lärmprotokolls zu der Erkenntnis kommen, dass der Nachbar auch während der Ruhezeiten musiziert und/oder die im Regelfall zulässige maximale Übezeit von bis zu drei Stunden täglich überschreitet, sollten Sie ihren Vermieter kontaktieren und über die Lärmbelästigung informieren. Es besteht rechtlich die Möglichkeit, die Miete gemäß § 536 Abs. 1 BGB – je nach Grad der Beeinträchtigung – gegenüber ihrem Vermieter zu mindern, da die Lärmbelästigung einen Mangel der Mietwohnung darstellt. Erst im letzten Schritt sollten Sie bei weiterem Klärungsbedarf die Polizei oder einen Anwalt einschalten.
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Zusammenfassung – Musizieren in Mietwohnung
Musizieren in Mietwohnung bzw. der eigenen Wohnung in Zimmerlautstärke ist jederzeit zulässig. Sobald das Musizieren über Zimmerlautstärke hinausgeht, ist Musizieren in der (Miet-)Wohnung nur in gewissen Grenzen zulässig. Ein Musizierverbot besteht insbesondere während der Ruhezeiten zur Mittagszeit und in der Nacht. Grundsätzlich hält die Rechtsprechung eine Übezeit von bis zu drei Stunden täglich für zulässig. Die Rechtsprechung differenziert jedoch nach dem Grad der Lärmbeeinträchtigung für die Nachbarn, so dass bei besonders lauten Instrumenten (z.B. Schlagzeug) die maximale erlaubte tägliche Übezeit weniger als drei Stunden beträgt. Für Berufsmusiker und Hobbymusiker gelten generell die gleichen Vorgaben.