Darf Nachbar das Grundstück erhöhen?

Darf Nachbar das Grundstück erhöhen?

 

Gerade bei Neubauten wird oft auch der Grundstücksaußenbereich neu gestaltet, wobei teilweise auch Aufschüttungen vorgenommen werden, die das Grundstück erhöhen. Doch darf der Nachbar das Grundstück überhaupt erhöhen, um es gärtnerisch umzugestalten, Terrassen anzulegen oder sonstige Änderungen vorzunehmen? Wir erläutern Ihnen die Rechtslage anhand der aktuellen Rechtsprechung und klären Sie über Ihre eigenen Rechte sowie die Rechte des Nachbarn auf.

 

 

Nachbar erhöht Grundstück – darf er das?

Ja, grundsätzlich schon. Die Nachbarrechtsgesetze der einzelnen Bundesländer legen fest, inwieweit eine Erhöhung des Grundstücks zulässig ist. Wichtig ist, dass durch die Erhöhung keine Beeinträchtigungen bzw. Schädigungen auf Nachbargrundstücken entstehen. Ein Risiko besteht insbesondere darin, dass Niederschlagswasser auf das tiefer liegende Grundstück übertritt. Bereits aus den Bauordnungen der Länder ergibt sich regelmäßig die Pflicht des Grundstücksbesitzers, einen Wasserübertritt auf Nachbargrundstücke zu verhindern.

 

Wie hoch darf der Nachbar sein Grundstück mit Erde auffüllen?

Grundsätzlich bis zur Höhe des Nachbargrundstücks. In Ausnahmefällen ist auch eine weitere Anhebung der Erdoberfläche zulässig. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Nachbar einen den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Abstand zur Grundstücksgrenze des Nachbarn einhält oder entsprechende Vorkehrungen trifft und unterhält, die eine Schädigung des Nachbargrundstücks verhindern. Gängige Schädigungen bei fehlenden Vorkehrungen sind Überschwemmungen durch abfließendes Wasser auf das Nachbargrundstück oder ein Absturz bzw. Abrutschen des Erdreichs.

 

Darf Nachbar das Grundstück erhöhen?
Oft schütten Nachbarn ihr Grundstück im Rahmen einer umfassenden Umgestaltung des Grundstücks auf. Doch darf der Nachbar das Grundstück dabei auch erhöhen?

 

Kann ich mich gegen eine Grundstückserhöhung des Nachbarn wehren?

Ja, können Sie. Ihnen können dabei – je nach Einzelfall – verschiedene Ansprüche zustehen. Ein vorbeugender Schutz ergibt sich vornehmlich aus den Nachbarrechtsgesetzen von Bayern, NRW, Schleswig-Holstein und anderer Bundesländer (vgl. auch § 20 Berliner Nachbarrechtsgesetz). Dort ist geregelt, ob und in welcher Form eine Aufschüttung bzw. Erhöhung des Grundstück zulässig ist. Ein vorbeugender Unterlassungsanspruch kommt mangels Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 907, 908 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur im absoluten Ausnahmefall in Betracht. Eine explizite Regelung für Bodenerhöhungen fehlt. Laut Bundesgerichtshof ist auch § 909 BGB, der einen vorbeugenden Schutz für Grundstücksvertiefungen regelt, nicht entsprechend anwendbar (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 29.06.2012 – V ZR 97/11).

Es kommt jedoch ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB in Betracht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Nachbar im unmittelbaren Grenzbereich zum Nachbargrundstück eine Aufschüttung auf seinem Grundstück in Auftrag gibt und dabei Feuchtigkeit in das unmittelbar angrenzende Hallengebäude des Nachbarn eintritt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 20.05.2019 – 5 U 59/18). Die Vorschriften der Nachbarrechtsgesetze stellen zudem Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar, sodass bei entsprechendem Verschulden des Nachbarn auch ein Schadensersatzanspruch vorliegen wird. Ferner kommt auch ein nachbarrechtlicher (verschuldensunabhängiger!) Ausgleichsanspruch gemäß § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog in Betracht, sofern der Schaden aus besonderen Gründen tatsächlich oder rechtlich nicht abwehrbar war.

 

Zusammenfassung

Der Nachbar darf sein Grundstück erhöhen, sofern die Erhöhung im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben – die sich überwiegend aus den Nachbarrechtsgesetzen der einzelnen Bundesländer ergeben – bleibt. Bei Schädigungen bzw. Beeinträchtigungen eines Grundstücks steht dem Geschädigten im Regelfall ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch auf Rückbau der Erhöhung sowie ein Schadensersatzanspruch zu.

 

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