Müssen Überstunden bezahlt werden?

Müssen Überstunden bezahlt werden?

 

Die meisten Arbeitnehmer dürften sich schon einmal die Frage gestellt haben, ob Überstunden bezahlt werden müssen. Oft ist das der Fall, doch es gibt einige Besonderheiten. Müssen Überstunden beispielsweise auch bei einer Kündigung bezahlt werden? In welchen Fällen ist es zulässig, Überstunden nicht zu vergüten? Was kann ich außerdem tun, wenn mein Arbeitgeber Überstunden nicht bezahlt? Wir geben in diesem Artikel – gewohnt knapp und verständlich – Antworten auf all diese und weitere Fragen rund um das Bezahlen von Überstunden.

 

Müssen Überstunden bezahlt werden?
Überstunden gehören in vielen Berufen zum Alltag. Doch müssen die Überstunden auch (immer) bezahlt werden?

 

Wann muss der Arbeitgeber Überstunden bezahlen?

Wenn der Grund für die Überstunden vom Arbeitgeber ausgeht. Konkret ist damit gemeint, dass der Arbeitgeber die Überstunden bezahlen muss, wenn er dem Arbeitnehmer so viel Arbeit überträgt, dass der Arbeitnehmer die Arbeit nicht in seiner regulären Arbeitszeit erledigen kann. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber die Überstunden explizit anordnet. Bleibt ein Arbeitnehmer dagegen freiwillig länger in der Arbeit – beispielsweise um eine ihm übertragene Aufgabe noch am selben Abend zu erledigen – handelt es sich um freiwillige Überstunden.

Im Gesetz findet sich keine explizite Regelung, die besagt, dass Überstunden bezahlt werden müssen. Vorrangig gelten jedoch ohnehin etwaige Regelungen zu Überstunden im Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers, einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung. Findet sich dort keine Klausel zur Abgeltung von Überstunden, so wird die gesetzliche Regelung des § 612 BGB herangezogen. Danach gilt eine Vergütung „als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung des Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist“. Das ist bei der im Rahmen von Überstunden geleisteten Arbeit regelmäßig der Fall. Alternativ ist statt der Bezahlung von Überstunden auch Freizeitausgleich möglich. Ein potenzieller Freizeitausgleich muss jedoch vertraglich im Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festgehalten sein.

 

Müssen Überstunden bezahlt werden bei Kündigung?

In jedem Fall bei einer außerordentlichen Kündigung. Bei einer ordentlichen Kündigung gelten dagegen die vertraglich vereinbarten Regelungen. Sofern eine vertragliche Regelung diesbezüglich besteht, ist also auch ein Freizeitausgleich möglich. Die Entscheidung, wie die Überstunden abgegolten werden, obliegt dem Arbeitgeber. Existiert keine Regelung zu einem potenziellen Freizeitausgleich, dann müssen Überstunden auch bei einer ordentlichen Kündigung bezahlt werden.

 

Überstunden auszahlen − welche Fristen gelten?

Bei der Frage nach den Fristen im Rahmen von Überstunden stellt sich vor allem die Frage, ob Überstunden verfallen können. Die Antwort lautet: Ja, können sie. Einerseits aufgrund vertraglicher Verfallsregeln, andererseits aufgrund der gesetzlichen Verjährungsfrist. Regelungen zum Verfall von Überstunden im Arbeitsvertrag sind zulässig, sofern die Frist mindestens drei Monate beträgt. Besteht keine vertragliche Regelung darüber, wann Überstunden verfallen, dann gilt die gesetzliche Verjährungsfrist des § 195 BGB, wonach Überstunden nach drei Jahren verjähren.

 

Ist es zulässig, Überstunden nicht zu vergüten?

Unter bestimmten Voraussetzungen ja. Grundsätzlich können Überstunden durch das Gehalt bereits als abgegolten gelten, sofern dies im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart wurde. Zwingende Voraussetzung ist allerdings, dass die entsprechende Klausel eindeutig und konkret formuliert ist. Dazu gehört auch, dass die konkrete Anzahl der Überstunden, die bereits mit dem Gehalt abgegolten sind, genannt werden muss. Anderenfalls ist die Klausel im Zweifel – zu Lasten des Arbeitgebers – unwirksam.

 

Chef bezahlt Überstunden nicht − was tun?

Sofern Ihnen nicht – auf vertraglicher Basis – ein Freizeitausgleich zusteht, können Sie Ihren Arbeitgeber zunächst selbst mit Nachdruck auf die Pflicht zum Bezahlen von Überstunden hinweisen. Alternativ können Sie auch unmittelbar einen Anwalt für Arbeitsrecht beauftragen. Wenn Sie jedoch weiterhin an einer guten Beziehung zu Ihrem Arbeitgeber interessiert sind, empfiehlt es sich, dass Sie Ihren Arbeitgeber zunächst persönlich auf Ihren Anspruch auf Bezahlung der Überstunden hinweisen. Erzielt diese Aufforderung keine Wirkung, sollten Sie sich unbedingt an einen Anwalt für Arbeitsrecht wenden. Der Anwalt wird zunächst ein Schreiben an Ihren Arbeitgeber aufsetzen und so Ihrer Forderung Nachdruck verleihen. Lenkt der Arbeitgeber auch dann nicht ein, kann der Anwalt mit Ihrem Einverständnis den Anspruch auf Bezahlung der Überstunden gerichtlich durchsetzen.

 

Kann der Arbeitgeber verlangen, dass Überstunden ausgezahlt werden?

Ja, sofern im Arbeitsvertrag eine Auszahlung und ein potenzieller Freizeitausgleich vertraglich vereinbart wurde. Die Entscheidung zwischen beiden Alternativen obliegt letztlich dem Arbeitgeber. Trotzdem sollte ein Arbeitnehmer im Einzelfall mit dem Arbeitgeber verhandeln, sofern er eine der beiden Alternativen aus bestimmten Gründen bevorzugt.

 

Zusammenfassung

Überstunden müssen im Regelfall bezahlt werden. Alternativ kann auch Freizeitausgleich gewährt werden, sofern ein solcher vertraglich vorgesehen ist. Das gilt auch im Fall einer Kündigung, wobei bei einer außerordentlichen Kündigung die Überstunden immer bezahlt werden müssen. Lediglich wenn Überstunden laut Vertrag bereits mit dem Gehalt als abgegolten gelten, müssen sie nicht bezahlt werden. Hierfür ist allerdings eine eindeutige Klausel im Arbeitsvertrag erforderlich, die auch die konkrete Anzahl an bereits mit dem Gehalt abgegoltenen Überstunden nennt. Überstunden können zudem aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Regelungen (vgl. § 195 BGB) verfallen.

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