Darf mein Chef entscheiden, wann ich Urlaub nehme?

Darf mein Chef entscheiden, wann ich Urlaub nehme?

 

Urlaub ist für die meisten Arbeitnehmer die schönste Zeit des Jahres – aber darf mein Chef entscheiden, wann ich Urlaub nehme? Wir beantworten in diesem Artikel zahlreiche rechtliche Fragen rund um die Regelungen des Arbeitsrechts zum Urlaub, u.a. zur Urlaubsplanung im Voraus, wie viel Urlaub am Stück erlaubt ist und besonders detailliert dazu, in welchen Fällen Ihr Chef Urlaub ablehnen oder anordnen darf. Zudem gehen wir auf die Fragen ein, ob Sie Urlaub nehmen müssen, wenn keine Arbeit da ist und ob ihr Chef beim Resturlaub mitentscheiden darf.

 

 

Kann der Arbeitgeber Urlaub anordnen bzw. vorschreiben?

Im Ausnahmefall ja. Denn das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sieht besondere Gründe vor, in denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Urlaub vorschreiben darf. Grundsätzlich steht jedem Arbeitnehmer nach dem Bundesurlaubsgesetz bezahlter Erholungsurlaub zu (vgl. § 1 BUrlG). Ein Arbeitnehmer hat also nach dem deutschen Arbeitsrecht einen Urlaubsanspruch. Ob und in welchem Umfang der Arbeitgeber über den Urlaub bestimmen kann, ist eine Frage, die vom gesetzlichen Urlaubsanspruch getrennt betrachtet werden muss.

Nach § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG muss der Arbeitgeber bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Wünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen. In der Praxis läuft das meist so ab, dass der Arbeitnehmer seinem Chef einen Urlaubsantrag mit dem von ihm gewünschten Urlaubszeitraum vorlegt und der Chef den Urlaub wie gewünscht genehmigt. Lediglich in Ausnahmefällen muss der Chef auf die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers keine Rücksicht nehmen. Hierzu gehören dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten einen Vorrang verdienen (vgl. § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG).

„Dringende betriebliche Belange“ liegen beispielsweise bei einem Saisonbetrieb wie einem Vergnügungspark vor, wenn ansonsten personelle Engpässe drohen (so LAG Köln, Urteil vom 17.3.95 – 13 Sa 1282/94). Im Rahmen der „sozialen Gesichtspunkte“ sind beispielsweise Eltern mit schulpflichtigen Kindern, die nur in den Schulferien verreisen können, zu berücksichtigen.

 

Wann darf der Arbeitgeber Urlaub anordnen?

Nur in Ausnahmefällen. Wie bereits erläutert, darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Urlaub ausnahmsweise nach § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG anordnen, wenn dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, den Urlaubswünschen des Arbeitnehmers entgegenstehen. Zu den dringenden betrieblichen Belangen zählen auch Betriebsferien, wobei nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG für deren Festsetzung der Betriebsrat zu beteiligen ist. Der Arbeitgeber kann in diesem Fall verlangen, dass die Arbeitnehmer ihren Urlaub in den Betriebsferien nehmen. Sofern die entsprechenden Voraussetzungen für dringende betriebliche Belange vorliegen, darf der Arbeitgeber Urlaub im Einzelfall auch kurzfristig anordnen.

Darüber hinaus darf der Arbeitgeber auch anordnen, wann der Arbeitnehmer seinen Resturlaub nimmt. Denn nach § 7 Abs. 3 S.1 BUrlG verfällt der Resturlaub zu einem bestimmten Stichtag, nämlich grundsätzlich zum 31. Dezember des jeweiligen Jahres und in Ausnahmefällen zum 31. März des folgenden Kalenderjahres (vgl. § 7 Abs. 3 S. 2 und S. 3 BUrlG).

Niemals zulässig ist es jedoch, wenn der Arbeitgeber unbezahlten Urlaub anordnet. Denn hierfür gibt es nach dem deutschen Arbeitsrecht keine rechtliche Grundlage. Das Bundesurlaubsgesetz sieht nämlich nur „bezahlten Erholungsurlaub“ (vgl. § 1 BUrlG) vor.

 

Arbeitgeber verweigert Urlaub – darf mein Chef meinen Urlaub ablehnen?

Im Ausnahmefall ja. Wenn der Arbeitgeber den Urlaub verweigert, braucht er hierfür jedoch gesetzlich bestimmte Gründe. „Einfach so“ darf der Chef den Urlaub nicht ablehnen. Vielmehr muss er gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG „dringende betriebliche Belange“ oder „Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen“ für die Ablehnung anführen. Niemals verweigern bzw. ablehnen darf der Arbeitgeber den Urlaub gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 BUrlG, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub „im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation“ verlangt.

Achtung: Selbst wenn der Chef Ihnen Ihren beantragten Urlaub zu Unrecht verweigert, dürfen Sie den Urlaub nicht einfach eigenmächtig antreten. Denn damit würden Sie gegen Ihre Arbeitspflicht verstoßen, was einen außerordentlichen Kündigungsgrund darstellen kann (vgl. LAG KölnUrteil vom 28. 6. 2013 – 4 Sa 8/13). Vielmehr müssen Sie in diesem Fall einen Anwalt für Arbeitsrecht kontaktieren, der für Sie Klage auf Genehmigung Ihres Urlaubs erhebt bzw. einen Antrag auf einstweilige Verfügung beim zuständigen Arbeitsgericht stellt. 

 

Darf mein Chef entscheiden, wann ich Urlaub nehme?
Jedem Arbeitnehmer steht nach dem Bundesurlaubsgesetz jedes Kalenderjahr ein Anspruch auf bezahlten Urlaub zu. Doch darf der Arbeitgeber den Zeitraum für den Urlaub vorschreiben?

 

Wie viel Urlaub darf vom Arbeitgeber verplant werden?

Wie viel Urlaub vom Arbeitgeber verplant werden darf, ist weder gesetzlich geregelt noch durch die Rechtsprechung eindeutig geklärt. Nach einem Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts steht jedoch fest, dass der Arbeitgeber jedenfalls nicht den gesamten Jahresurlaub verplanen darf. In seiner Grundsatzentscheidung hielt das Bundesarbeitsgericht es jedenfalls für angemessen, wenn 60 % des Jahresurlaubs vom Arbeitgeber verplant werden und 40 % zur freien Verfügung des Arbeitnehmers verbleiben (BAG, Beschluss vom 28.07.1981 – 1 ABR 79/79).

 

Kann mir der Arbeitgeber drei Wochen Urlaub am Stück verbieten?

Ja. Denn das Arbeitsrecht sieht in § 7 Abs. 2 S. 2 BUrlG vor, dass dem Arbeitnehmer jedenfalls einmal pro Jahr ein Urlaub von mindestens zwölf aufeinanderfolgenden Werktagen zusteht. Dabei wird von einer Sechs-Tage-Woche ausgegangen, denn rechtlich ist auch der Samstag ein Werktag. Somit handelt es sich insgesamt um zwei Wochen Urlaub am Stück. Sofern Ihnen die nötigen Urlaubstage zustehen, sind auch drei oder vier Wochen Urlaub am Stück erlaubt, wenn Ihr Chef den Urlaub genehmigt. Er muss ihn rechtlich aber nicht in dieser Länge genehmigen.

 

Muss ich Urlaub nehmen, wenn keine Arbeit da ist?

Nein, von sich aus besteht für einen Arbeitnehmer hierzu keine Pflicht. Der Arbeitgeber kann allerdings in Fällen einer längeren „Auftragsflaute“ – unter Einhaltung der entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen wie einer Beteiligung des Betriebsrats – Betriebsferien und somit auch einen Zwangsurlaub für Arbeitnehmer anordnen. Zwangsurlaub bzw. Betriebsferien können gesetzlich nur angeordnet werden, wenn sie aufgrund dringender betrieblicher Belange (vgl. § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG) notwendig sind. Es handelt sich dabei jedoch immer um bezahlten Urlaub, da ein unbezahlter Urlaub gesetzlich nicht vorgesehen ist.

 

 

Tipp: Wenn Sie sich auch für die Frage interessieren, ob Ihnen Sonderurlaub bei Geburt zusteht, dann klicken Sie sich auch dort gerne mal rein. 

 

 

Urlaubsplanung im Voraus – Muss ich nach dem Arbeitsrecht meinen Urlaub komplett verplanen?

Bei der Urlaubsplanung stellt sich arbeitsrechtlich auch die Frage, ob der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer zwingen kann, Urlaub im Voraus zu planen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn gesetzlich ist eine Urlaubsplanung im Voraus bzw. innerhalb einer bestimmten Frist nicht vorgesehen. Allerdings muss der Arbeitgeber gemäß § 7 Abs. 1 BUrlG die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer grundsätzlich berücksichtigen. Organisatorisch wird dem Chef das in den meisten Fällen nur möglich sein, wenn nicht alle Arbeitnehmer Ihren Urlaub erst kurzfristig einreichen. Es steht dem Arbeitgeber aber frei, dem Arbeitnehmer eine bestimmte Frist zu setzen, bis zu deren Ablauf er seine Urlaubsplanung einreichen sollte. Auf diese Weise können möglichst alle Urlaubswünsche von Arbeitnehmern im laufenden Kalenderjahr berücksichtigt werden.

Reichen Sie Ihren Urlaub jedoch nicht rechtzeitig für die Planung bei Ihrem Chef ein, so verfällt er keineswegs, denn Ihr Urlaubsanspruch bleibt natürlich bestehen. Vielmehr werden nur Ihre individuellen Urlaubswünsche dann nicht mehr berücksichtigt werden können und Sie bzw. Ihr Chef darf Ihren Urlaubszeitraum dann umplanen.

 

Resturlaub – darf mein Chef mitentscheiden?

Ja, jedenfalls wenn der Resturlaub ansonsten nicht mehr bis zum Stichtag am 31. Dezember bzw. in Ausnahmefällen (oder aufgrund von Tarifverträgen) dem 31. März genommen werden kann (vgl. § 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG). Der Arbeitgeber muss zwar möglichst alle Wünsche von Arbeitnehmern für die Urlaubszeit berücksichtigen, allerdings wird das in zeitlich begrenztem Rahmen nicht immer möglich sein. Sie sind allerdings nicht verpflichtet, Ihren Resturlaub zu nehmen, wenn Sie partout nicht wollen. Ihr Arbeitgeber hat aber wiederum eine Hinweispflicht, Sie als Arbeitnehmer rechtzeitig über etwaigen Resturlaub und dessen Verfallsfrist zu unterrichten (BAG, Urteil vom 19.02.2019 – 9 AZR 541/15).

 

Zusammenfassung

Der Arbeitgeber bzw. Chef darf nur in gesetzlich geregelten – und durch die Rechtsprechung konkretisierten – Fällen entscheiden, wann ich Urlaub nehme. Ordnet ein Chef Urlaub an bzw. lehnt beantragten Urlaub ab, so handelt es sich dabei um einen Ausnahmefall, der entsprechend rechtlich begründet werden muss. Der Arbeitgeber darf auch nicht den gesamten Jahresurlaub des Arbeitnehmers verplanen. Denn grundsätzlich muss der Arbeitgeber nach dem Bundesurlaubsgesetz die Wünsche des Arbeitnehmers bei der Urlaubsplanung berücksichtigen. Eine Pflicht zur frühzeitigen Urlaubsplanung im Voraus seitens des Arbeitnehmers besteht dabei nicht. Auch drei oder vier Wochen Urlaub am Stück sind erlaubt, allerdings muss Ihnen der Arbeitgeber nur zwei Wochen Urlaub am Stück gewähren. Über einen längeren Urlaub von drei oder vier Wochen am Stück darf der Chef frei entscheiden, also einen solchen Urlaubsantrag gegebenenfalls auch ablehnen.

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