Die Beihilfe gemäß § 27 StGB ist eine zentrale Teilnahmeform im deutschen Strafrecht. Sie beschäftigt Studierende vom ersten Semester an und spielt auch in der Praxis eine große Rolle. Hier wollen wir das Prüfungsschema zur Beihilfe vorstellen und auch Beispiele geben, wann und wie die Beihilfe relevant wird.
Normtext zur Beihilfe gemäß § 27 Abs. 1 StGB
Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.
Beihilfe Prüfungsschema
I.Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) Teilnahmetaugliche Haupttat
- versuchte oder vollendete Haupttat
- rechtswidrig
- vorsätzlich
b) Teilnehmerhandlung
Beihilfe leisten
c) Kausalität/objektive Zurechnung zwischen Teilnehmerhandlung und Haupttat
2. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz bzgl. I. 1. a)-c) : D.h. Vorsatz bezüglich Vollendung der Haupttat und Beihilfehandlung (sog. doppelter Gehilfenvorsatz)
b) sonstiges subjektives Unrechtselement
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Strafzumessung
Definition der Beihilfe bzw. des „Hilfe leistens“
Das Hilfeleisten setzt voraus, dass ein Tatbeitrag geleistet wurde, der die Haupttat ermöglicht, erleichtert oder die von dem Täter begangene Rechtsgutsverletzung verstärkt hat.
Das Hilfeleisten erfordert ein Fördern der Haupttat.
Muss der Gehilfenbeitrag kausal für Haupttat sein?
Während in der Literatur gefordert wird, dass Kausalität erforderlich sei, reicht nach dem BGH jedes Fördern der Haupttat.
Tatsächlich sprechen aber auch gute Argumente für die herrschende Lehre, die Kausalität verlangt. Denn nur in diesem Fall kann – ausgehend von dem Strafgrund der Teilnahme – von einer mittelbaren Rechtsgutsverletzung gesprochen werden. Darüber hinaus gibt derjenige, der auf Kausalität verzichtet, die einheitliche Grundstruktur von Anstiftung und Beihilfe auf und müsste dann auch den agent provocateur bestrafen. Auch ist Begriff des Förderns zu unbestimmt und weit und birgt die Gefahr willkürlicher Entscheidungen in sich. Außerdem läuft Fördertheorie daher (wegen ihrer Weite) Gefahr, die straflose versuchte Beihilfe als strafbare vollendete Beihilfe zu behandeln.
Die sog. psychische Beihilfe
Auch die psychische (bzw. intellektuelle) Beihilfe kann ohne Frage als Beihilfehandlung ausreichen.
- Die psychische Beihilfe ist von der physischen bzw. „technischen“ Beihilfe (bspw. der Rat, wie eine Pistole zu verwenden werden ist) abzugrenzen.
- Bei einer bloß psychischen Bestärkung des Tatentschluss, muss genauer hingesehen werden. Jedenfalls ist hier eine Beihilfe zu bejahen, wenn der Tatentschluss des Haupttäters durch den Hilfeleistenden nachweislich gestärkt wurde. Die bloße Anwesenheit am Tatort reicht danach also nicht aus – der Teilnehmende muss auch auf den Tatentschluss des Täters einwirken, sodass dieser in seinem Tatentschluss bestärkt wird und die Tat in ihrer konkreten Gestalt gefördert oder erleichtert wird. Ein bloßes aufmunterndes Nicken kann dabei durchaus ausreichend sein.
Beihilfe durch neutrale Handlungen möglich?
Dieses Problem wird insbesondere in Zusammenhang mit berufstypischen Handlungen diskutiert. Denn so kann es zu manchen Berufen gehören, dass man gefährliche Gegenstände verkauft und insofern eine Tat fördert. Dies kann natürlich nicht stets strafbar sein, wenn dann eine Haupttat verübt wird. Der BGH möchte diese Fälle daher mit dem Kriterium der „Förderung eines erkennbar Tatgeneigten“ einschränken. Dabei wird darauf abgestellt, ob der Hilfeleistende hinreichendes Wissen (dolus directus 1.Grades) hinsichtlich der Tatbegehung hatte. Dabei soll es egal sein, ob der Hilfeleistende die Tat wollte oder nicht. Bei dolus eventualis (für möglich halten) soll das nicht ausreichen, es sei denn, der Täter war ganz klar erkennbar tatgeneigt.
Ist die versuchte Beihilfe strafbar?
Nein. Nur die Beihilfe zum Versuch kann strafbar sein, die versuchte Beihilfe dagegen ist in § 30 StGB nicht genannt und daher straflos!
Was ist eine sukzessive Beihilfe?
Eine sukzessive Beihilfe ist möglich wenn die Haupttat bereits „vollendet“ ist, aber noch nicht „beendigt“ (vgl. BGH, Urteil vom 01.07.2021 – 3 StR 84/21)
Beispiel: T zündet ein Wohnhaus an. B bemerkt das, und denkt sich, dass er das unterstützen möchte. Er gießt sodann Öl ins lodernde Feuer, durch das sich der Brand noch schneller ausbreitet. Hier hat T bereits eine Brandstiftung gem. §§ 306 ff. StGB tatbestandlich vollendet. Eine Beihilfe des B zur Brandstiftung war dennoch noch möglich.
Andere Begriffe zum Strafrecht AT mit Beispielen findet ihr hier verständlich erklärt: