Wenn ein Handy beschlagnahmt wurde, stellt sich die Frage, ob die Frage, ob und inwieweit die Polizei ein Handy durchsuchen darf. In diesem Zusammenhang stellen sich zudem die Fragen, wann ein Handy überhaupt beschlagnahmt werden darf, wann ich das Handy wieder bekomme bzw. wie lange die Polizei das Handy behalten darf und inwieweit die Polizei auf das Handy zugreifen kann, insbesondere auch im Hinblick auf Whatsapp-Chatverläufe. All diese und weitere Fragen möchten wir Ihnen in diesem Beitrag – gewohnt knapp und verständlich – erläutern.
Wann darf die Polizei mein Handy nehmen?
Nur unter bestimmten Voraussetzungen, die gesetzlich in der Strafprozessordnung (StPO) festgelegt sind. „Nimmt“ die Polizei einer Person ein Handy ab, so kann es sich um eine Sicherstellung (vgl. § 94 Abs. 1 StPO) oder um eine Beschlagnahme (vgl. § 98 StPO) handeln. Eine Sicherstellung liegt – im Unterschied zur Beschlagnahme – vor, wenn der (Gewahrsams-)Inhaber das Handy freiwillig herausgibt (vgl. § 94 Abs. 2 StPO). Dabei ist erforderlich, dass der Herausgebende darüber Bescheid weiß und auch will, dass er sein Handy zu Beweiszwecken an eine Strafverfolgungsbehörde übergibt (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.1987 – 4 StR 223/87).
Für das Kriterium der Freiwilligkeit ist zudem entscheidend, dass der Herausgebende weiß, dass keine Pflicht zur Herausgabe besteht, wobei eine Belehrung hierüber regelmäßig nicht erforderlich ist (Hauschild, in: MüKO StPO, 1. Auflage 2014, § 94 StPO Rn. 43). Eine rechtmäßige Sicherstellung setzt voraus, dass es sich bei dem Handy gemäß § 94 Abs. 1 StPO um einen Gegenstand handelt, der „als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung“ sein kann und die Sicherstellung nicht allgemein unzulässig ist (z.B. weil das Verfahrenshindernis der Verjährung vorliegt).
Gibt der Inhaber des Handys dieses nicht freiwillig an die Polizei heraus, so bedarf es einer Beschlagnahme, die sich maßgeblich nach den Voraussetzungen des § 98 StPO richtet (vgl. § 94 Abs. 2 StPO). Grundsätzlich bedarf es für die Beschlagnahme des Handys einer richterlichen Anordnung, wobei ausnahmsweise im Fall von „Gefahr im Verzug“ auch die Staatsanwaltschaft bzw. die Polizei die Beschlagnahme anordnen kann (vgl. § 98 Abs. 1 S. 1 StPO). „Gefahr im Verzug“ liegt immer dann vor, wenn eine vorherige Einholung der richterlichen Anordnung den Zweck der Beschlagnahme gefährden würde (vgl. u.a. BVerfG, Beschluss vom 03.04.1979 – 1 BvR 994/7). Weiterhin setzt eine rechtmäßige Beschlagnahme voraus, dass keine Beschlagnahmeverbote bestehen (vgl. §§ 96, 97 StPO) und die Beschlagnahme zudem verhältnismäßig ist.
Insgesamt gilt somit: Die Polizei darf ein Handy nur nehmen, wenn der (Gewahrsams-)Inhaber das Handy freiwillig herausgibt, was Sie jedoch im Zweifel nicht bzw. nur nach Rücksprache mit einem Anwalt für Strafrecht tun sollten. Gibt der Inhaber das Handy nicht freiwillig heraus, darf die Polizei das Handy nur nehmen, wenn eine richterliche Anordnung der Beschlagnahme vorliegt oder ausnahmsweise die Voraussetzungen für „Gefahr im Verzug“ gegeben sind.
Kann die Polizei auf mein Handy zugreifen?
Wenn die Polizei das Handy rechtmäßig sichergestellt oder beschlagnahmt hat, darf Sie auch auf das Handy zugreifen. Aber Achtung: Sie sind nicht verpflichtet, das Handy für die Polizei zu entsperren oder den entsprechenden PIN Ihres Handys mitzuteilen. Das folgt bereits aus dem Grundsatz, dass Sie sich in einem Strafverfahren niemals selbst belasten müssen. Es ist Aufgabe der Polizei – mithilfe technischer Sachverständiger – an die für das Verfahren relevanten Daten zu gelangen. Die Polizei kann ein Handy also knacken. Lediglich in Ausnahmefällen kann es sinnvoll sein, der Polizei den Zugriff auf das Handy durch Mitteilung des entsprechenden PINs bzw. Beseitigung der jeweiligen Sperrvorrichtung zu erleichtern. Ob das in Ihrem konkreten Fall in Betracht kommt, müssen Sie jedoch unbedingt vorher mit einem Strafverteidiger absprechen.
Stellt sich im Nachhinein – also nach gerichtlicher Überprüfung – heraus, dass die Sicherstellung bzw. die Beschlagnahme des Handys nicht rechtmäßig war, so können die auf dem Handy von der Polizei ausgewerteten Daten als Beweismittel nicht gegen den Beschuldigten verwendet werden (vgl. AG Berlin-Tiergarten, Urteil vom 25.01.2018 – (353 Gs) 241 Js 2317/17).
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Wann darf ein Handy beschlagnahmt werden?
Wie oben bereits genannt, richtet sich die rechtmäßige Beschlagnahme eines Handys nach den Voraussetzungen der §§ 94, 98 StPO. Ein Handy ist grundsätzlich ein tauglicher Beschlagnahmegegenstand i.S.d. § 94 Abs. 1 StPO, muss aber im konkreten Fall als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein. Im Regelfall bedarf es für die Beschlagnahme einer richterlichen Anordnung gemäß § 98 Abs. 1 S. 1 StPO und nur im Ausnahmefall – bei Vorliegen von „Gefahr im Verzug“ – dürfen Staatsanwaltschaft oder Polizei die Beschlagnahme anordnen. Darüber hinaus dürfen keine Beschlagnahmeverbote (vgl. §§ 96, 97 StPO) bestehen und die Beschlagnahme muss verhältnismäßig sein.
Handy beschlagnahmt – wann bekomme ich es wieder?
Wurde ein Handy beschlagnahmt, stellt sich die Frage, wie lange die Polizei ein Handy behalten darf bzw. wann der Inhaber sein Handy wiederbekommt. Dabei kommt es auf verschiedene Faktoren an. Entscheidend ist zum einen, wie ausgelastet oder überlastet die örtliche Polizei bzw. die technischen Sachverständigen der Polizei zum jeweiligen Zeitpunkt sind. Darauf hat der Inhaber des Handys jedenfalls keinerlei Einfluss und es kann mehrere Wochen bis hin zu Monaten dauern, bis die Polizei überhaupt mit der Auswertung der Handydaten beginnt.
Danach kommt es darauf an, ob auf dem Handy entsprechende Beweismittel gefunden werden konnten. Ist dies der Fall, so wird die Staatsanwaltschaft das Handy jedenfalls bis zur Beendigung des jeweiligen Verfahrens einbehalten. Das kann im schlimmsten Fall mehrere Jahre dauern. Werden jedoch keine Beweismittel auf dem Handy gefunden, so wird die Staatsanwaltschaft das Handy zeitnah herausgeben. Dennoch kann die Rückgabe – aufgrund der genannten Gründe – auch in diesem Fall durchaus mehrere Monate dauern.
Was für Daten kann die Polizei am Handy auslesen?
Grundsätzlich muss sich die Polizei beim Auslesen der Daten auf dem Handy auf diejenigen Daten beschränken, die für den konkreten Tatvorwurf als Beweismittel dienen könnten. Allerdings können regelmäßig auch sogenannte „Zufallsfunde“ verwertet werden, die einen anderen Straftatbestand erfüllen, sodass im Einzelfall auch ein weiteres Verfahren eingeleitet werden kann. Beispiel: Ein Handy wird aufgrund eines Verdachts wegen Drogenhandels durchsucht, allerdings findet die Polizei zufällig auch kinderpornographische Fotos auf dem Handy des Beschuldigten. Falls Sie also damit rechnen, dass Ihr Handy beschlagnahmt werden könnte, sollten Sie sensible Daten möglichst vorher von Ihrem Handy löschen.
Polizei beschlagnahmt Handy – was ist mit Whatsapp?
Whatsapp hat nach eigenen Angaben weltweit mittlerweile über zwei Milliarden Nutzer. Von den unzähligen Nutzern wird Whatsapp sowohl im privaten als auch beruflichen Kontext genutzt und die dort verschickten Nachrichten dürften alle Bereiche des Lebens betreffen. So ist es nicht verwunderlich, dass Whatsapp-Chats auch in der Strafverfolgung eine erhebliche Bedeutung haben. Tatsächlich darf die Polizei auch auf die Whatsapp-Chats zugreifen, wenn sie ein Handy beschlagnahmt hat. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass Sie in den Chats relevante Beweise für den konkreten Tatvorwurf vermutet.
Nicht verwertet werden dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch Nachrichten, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen. Auch hierbei kommt es jedoch auf eine Würdigung im Einzelfall an. Insbesondere intime Äußerungen, wie Liebesbekundungen, dürfen regelmäßig nicht verwertet werden.
Tipp: Falls Sie sich in diesem Zusammenhang für weitere Artikel zum Thema Durchsuchung und Durchsuchungsbeschluss interessieren, insbesondere ob die Polizei ein Auto durchsuchen darf, dann schauen Sie auch dort gerne vorbei.
Wie lange darf die Polizei mein Handy behalten?
Es kommt – wie bereits oben gezeigt – darauf an, ob bei der Auswertung für das Verfahren relevante Beweismittel gefunden werden konnten oder nicht. Ist dies nicht der Fall, muss die Polizei bzw. Staatsanwaltschaft das Handy unmittelbar nach Abschluss der Auswertung wieder herausgeben. Werden allerdings beweisrelevante Daten gefunden, so behält die Polizei das Handy jedenfalls bis zum Abschluss des Verfahrens.
Insgesamt muss die Beschlagnahme des Handys jedoch verhältnismäßig sein, also in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Tatvorwurfs und der Stärke des Tatverdachts stehen. Im Rahmen dieser Abwägung kann es geboten sein, dem Eigentümer des Handys eine Sicherungskopie seiner Daten zu ermöglichen.
Handy beschlagnahmt – bekomme ich die SIM-Karte zurück?
Es dürfte auch in diesem Fall darauf ankommen, ob sich auf der SIM-Karte beweisrelevante Daten befinden oder nicht. Irgendwann sollten Sie im Normalfall auch die SIM-Karte zurückbekommen, allerdings kann das dauern. Im Normalfall werden Sie die SIM-Karte jedenfalls nicht entnehmen dürfen, bevor die Polizei das Handy beschlagnahmt. Wenn ihr Handy beschlagnahmt wurde, dürfte es somit am schnellsten und günstigsten sein, wenn Sie bei Ihrem Telefonanbieter eine Ersatzkarte beantragen.
Zusammenfassung
Die Polizei darf ein Handy – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – durchsuchen. Grundsätzlich kommt eine Sicherstellung oder eine Beschlagnahme des Handys durch die Polizei in Betracht, wobei sich beide Maßnahmen grundlegend (in ihren Voraussetzungen) unterscheiden. Der Inhaber eines Handys ist jedenfalls nur bei richterlicher Anordnung bzw. Gefahr im Verzug zur Herausgabe des Handys verpflichtet. Im Rahmen der Auswertung darf die Polizei auf diejenigen Daten zugreifen, die für den konkreten Tatvorwurf als Beweismittel relevant sein könnten. Sogenannte „Zufallsfunde“ sind dabei möglich. Wann der Betroffene sein Handy von der Polizei bzw. Staatsanwaltschaft wieder zurückbekommt, kann nicht pauschal beantwortet werden. Es kann jedoch Wochen, Monate oder auch Jahre dauern.