Unberechtigte Forderung strafbar? – so ist die Rechtslage

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Eine unberechtigte Forderung ist im Einzelfall möglicherweise strafbar. In Betracht kommen insbesondere eine Strafbarkeit wegen Betruges und Nötigung. Leider werden derartige Forderungen dennoch vielfach geltend gemacht. Dem Betroffenen stehen dabei in zivilrechtlicher und strafrechtlicher Hinsicht jedoch Möglichkeiten offen, sich gegen unberechtigte Forderungen zu wehren. Wir erläutern Ihnen die Rechtslage insbesondere in strafrechtlicher Hinsicht und geben Tipps, falls Sie selbst von einer unberechtigten Forderung betroffen sind.

 

wann ist eine unberechtigte Forderung strafbar?
Ob und wie eine unberechtigte Forderung strafbar ist, hängt in der Praxis wie so oft vom jeweiligen Einzelfall ab.

 

Wann ist eine Forderung unberechtigt?

Im Grundsatz ist eine (Inkasso-)Forderung unberechtigt, wenn keine Forderung besteht bzw. die Forderung zu hoch angesetzt ist. Typischerweise geht es hier um Fälle, in denen der Forderungssteller eine Forderung für eine Tätigkeit geltend macht, die er nicht oder nicht in dem behaupteten Umfang erbracht hat. Dieses Phänomen tritt, wie sich unten zeigen wird, auch unter Rechtsanwälten auf: Auch hier ist es vorgekommen, dass Anwälte Beratungstätigkeiten in Rechnung gestellt haben, die sie in dieser Form nicht erbracht haben. Dann bewegen sich auch Anwälte im strafbaren Bereich. Dazu hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, worauf wir unten näher eingehen.

 

Kurz noch ein paar Worte zur Geltendmachung einer Forderung und der Rechnungsstellung: Die Forderung muss sich vom Gläubiger mit einer offenen Rechnung nachweisen lassen. Zudem muss die Rechnung ordnungsgemäß und fehlerfrei sein und tatsächlich – meist per Brief oder E-Mail – angekommen sein. Ferner muss der Forderungsgläubiger mahnen, sofern auf die Rechnung nicht reagiert wurde. Die Mahnung muss wiederum eine eindeutige Zahlungsaufforderung des Gläubigers an den Schuldner enthalten. Eine Mahnung, die bei Ihnen ohne vorausgehende Rechnung ankommt, ist ungültig.

Letztlich obliegt dem Gläubiger rechtlich die Beweislast, dass Rechnung und Mahnung bei Ihnen eingegangen ist. Auch wenn diese Punkte für die Frage der Strafbarkeit letztlich keine entscheidende Rolle spielen, so zeigen sie dennoch, wann und wie eine Forderung in der Regel ordnungsgemäß geltend gemacht wird und woran man unseriöse Praktiken erkennen kann.

 

Unberechtigte Forderung als Nötigung strafbar?

Es stellt sich die Frage, ob eine unberechtigte Forderung bzw. eine falsche Rechnung strafbar ist. Grundsätzlich kommt dabei zunächst einmal der Tatbestand der Nötigung gem. § 240 StGB in Betracht. Nach § 240 Abs. 1, 2 StGB macht sich strafbar, wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt. Der Tatbestand der Nötigung setzt also eine Nötigungshandlung und einen Nötigungserfolg voraus.

In einigen Fällen wurde der Tatbestand der Nötigung für die Geltendmachung einer unberechtigten Forderung bejaht. So auch im Fall eines Rechtsanwalts, der für einen Gewinnspielanbieter angebliche Forderungen eintrieb und dabei unter anderem für den Fall der Nichtzahlung mit einer Strafanzeige drohte. Tatsächlich bestanden die Forderungen mangels Leistungserbringung seitens des Gewinnspielanbieters jedoch nicht. Entscheidend für die Verurteilung des Rechtsanwalts wegen Nötigung war in diesem Fall, dass der Rechtsanwalt die Existenz der Forderungen nach eigenem Bekunden nicht geprüft hatte, die „Drohschreiben“ aber den entsprechenden Eindruck beim Adressaten erweckt hatten. In diesem Zusammenhang spielte es für den BGH keine Rolle, dass der Rechtsanwalt nicht gewusst hatte, dass die eingetriebenen Forderungen zivilrechtlich überhaupt nicht gerechtfertigt waren (vgl. BGH, Beschluss vom 05.09.2013 – 1 StR 162/13).

 

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Unberechtigte Forderung als Betrug strafbar?

Weiterhin kommt – je nach den Umständen des Einzelfalls – insbesondere auch eine Strafbarkeit wegen Betrugs gem. § 263 StGB in Betracht (so z.B. BGH, Urteil vom 14.03.2019 – 4 StR 426/18). Im genannten Urteil stellte der BGH klar, wann in diesen Fällen ein Betrug vorliegen kann:

  • Auch in der Geltendmachung einer Forderung, auf die kein Anspruch besteht, kann eine schlüssige Täuschung über Tatsachen liegen. Dies ist der Fall, wenn mit dem Einfordern der Leistung ein Bezug zu einer unzutreffenden Tatsachenbasis hergestellt oder das Vorliegen eines den Anspruch begründenden Sachverhalts behauptet wird. Wann der Rechtsverkehr der Geltendmachung einer Forderung schlüssig zugleich die Behauptung bestimmter Tatsachen beimisst, ist anhand der Umstände des konkreten Falls zu klären.
  • Ein Schaden liegt nicht vor, wenn der Vermögensabfluss durch einen (unmittelbaren) Vermögenszuwachs kompensiert wird. Der Zuwachs kann dabei in der Befreiung einer Verbindlichkeit liegen, zum Beispiel in einem Erstattungsanspruch. Wenn nun aber der geltend gemacht Erstattungsanspruch nicht in voller Höhe besteht, dann ist ein Schaden zu bejahen. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Anwalt mehr in Rechnung stellt als er tatsächlich an Beratungsleistungen erbracht hat.

 

Was kann ich gegen unberechtigte Forderungen tun?

Die gute Nachricht: Sie können und sollten sich gegen unberechtigte Forderungen unbedingt wehren! Es gilt also: Nicht einfach zahlen, sondern zunächst sorgfältig prüfen und dann die notwendigen Schritte einleiten.

Bevor Sie weitere (rechtliche) Schritte unternehmen, sollten Sie als allererstes prüfen, ob es sich tatsächlich um eine unberechtigte Forderung handelt. Letztlich kann es durchaus jedem passieren, dass ihm mal eine offene Rechnung in einem großen Papierstapel verloren geht oder man schlicht vergessen hat, eine Rechnung zu begleichen. Prüfen Sie also zunächst, ob die (angeblich) ausstehende Rechnung tatsächlich existiert bzw. noch offen ist. Ist dies nicht der Fall, sollten Sie das Mahnschreiben selbst genauer ansehen. Insbesondere bei unseriösen Inkassounternehmen finden sich Anzeichen für die Geltendmachung einer unberechtigten Forderung, wenn das Schreiben beispielsweise zahlreiche Schreibfehler, eine Bankverbindung im Ausland, extrem kurze Zahlungsfristen oder ausdrückliche Drohungen beinhaltet. Im Zweifel sollten Sie für die Prüfung einen Anwalt kontaktieren, um Ihren Betrugsverdacht gegebenenfalls verifizieren zu können.

Im Weiteren sollten Sie der unberechtigten Forderung widersprechen. Einen entsprechenden Musterbrief für den Fall der unberechtigten Forderung können Sie hier im Internet herunterladen. Zudem können Sie eine Strafanzeige wegen der unberechtigten Forderung stellen. Aber Achtung: Die Strafanzeige dient nur der Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, das auf Ihre Zahlungspflicht aber keinen direkten Einfluss hat. Diese spielt sich nämlich im Zivilrecht ab und gegen sie wehren Sie sich mittels des angesprochenen Widerspruchs durch Musterbrief und gegebenenfalls durch die weitere Hilfe eines Anwalts.

Im Übrigen sollten Sie vor Erstattung einer Strafanzeige besonders genau prüfen, ob die Forderung (un-)berechtigt ist und ggf. einen Rechtsanwalt hinzuziehen. Denn ein seriöses Inkassounternehmen mit einer berechtigten Forderung gegen Sie wird eine Strafanzeige meist nicht auf sich sitzen lassen. Vielmehr besteht die Gefahr, dass das Inkassounternehmen eventuell eine Anzeige gegen Sie wegen falscher Verdächtigung gem. § 164 StGB erstattet und zivilrechtlich die Forderung unmittelbar im Wege des Klageverfahrens durchsetzen will. All das kann für Sie nervenaufreibend und vor allem teuer werden. Im Zweifel empfielt sich hier wie gesagt das Einschalten eines Anwalts für Strafrecht.

 

Wie widerspreche ich einer Forderung (z.B. Anwaltsrechnung widersprechen)?

Nutzen Sie – wie oben bereits erwähnt – am besten einen Musterbrief aus dem Internet. Den Musterbrief für den Widerspruch gegen eine unberechtigte Forderung können Sie beispielsweise hier auf der Seite der Verbraucherzentrale herunterladen. Auch wenn Sie einer Anwaltsrechnung widersprechen wollen, können Sie den Musterbrief im Prinzip so verwenden. Versenden Sie Ihren Widerspruch möglichst als Einschreiben mit Rückschein, um einen Nachweis Ihres Widerspruchs zu haben.

Wenn Sie unsicher sind oder der (angebliche) Gläubiger der unberechtigten Forderung Ihren Widerspruch nicht akzeptiert, sollten Sie einen Anwalt für Zivilrecht kontaktieren.

 

Kann ich im Fall einer unberechtigten Forderung Schadensersatz verlangen?

Grundsätzlich ja. Entscheidend ist jedoch insbesondere, dass Ihnen durch die unberechtigte Forderung auch tatsächlich ein Schaden entstanden ist, für den Sie Ersatz verlangen können. Das ist jedoch regelmäßig dann der Fall, wenn Ihnen bei der Abwehr der unberechtigten Forderung Kosten entstanden sind, Sie also beispielsweise einen Anwalt beauftragt haben, um sich gegen die Forderung zu wehren.

 

Zusammenfassung

Eine unberechtigte Forderung kann im Einzelfall strafbar sein. In Betracht kommt insbesondere eine Strafbarkeit wegen Nötigung gem. § 240 StGB und/oder Betrug gem. § 263 StGB. Bevor Sie sich zivilrechtlich in Form des selbstständigen Widerspruchs oder mithilfe eines Anwalts gegen eine Forderung wehren, sollten Sie sorgfältig prüfen, ob es sich wirklich um eine unberechtigte Forderung handelt. Gleiches gilt, bevor Sie eine Strafanzeige wegen der (unberechtigten) Forderung stellen. Handelt es sich tatsächlich um eine unberechtigte Forderung und wehren Sie sich dagegen mithilfe eines Anwalts, so können Sie die Anwaltskosten als Schadensersatz ersetzt verlangen.

 

2 Kommentare zu „Unberechtigte Forderung strafbar? – so ist die Rechtslage“

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